Offener Brief zur diskriminierenden Praxis der Ausländerbehörde Erfurt von Migranten Omid Verein (MOVE e.V.)

Die Ausländerbehörde Erfurt stellt noch immer nicht die gesetzlich vorgeschriebenen Ausweispapiere an Menschen mit humanitärem Schutzstatus aus. Statt einer Chipkarte als Ausweis stellt die Behörde lediglich ein grünes Faltblatt oder einen Aufkleber in ihren Pass. Die Folge: für die Betroffenen kommt es zu Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt, bei der Wohnungssuche und weiteren wichtigen Bereichen des alltäglichen Lebens, da die Ausweisdokumente häufig nicht anerkannt werden. Der Migranten Omid Verein - MOVE e.V. fordert in einem offenen Brief ein Ende dieser Praxis. Das Sprachcafé Erfurt, die Refugee Law Clinic Jena, das Büro für ausländische MitbürgerInnen, das IBS Institut für Berufsbildung und Sozialmanagement GmbH, der Caritasverband des Bistum Erfurt und MigraNetz Thüringen unterstützen die Forderung.

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den Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz

das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz

den Leiter der Ausländerbehörde Erfurt

Erfurt, den 14.02.2019

Offener Brief:  Diskriminierende Praxis der Erfurter Ausländerbehörde

Sehr geehrter Herr Minister Lauinger,

Sehr geehrter Herr Zabold,

Sehr geehrter Herr Heinemann,

viele existenzielle Fragen von uns Geflüchteten und Migrant*innen hängen von Entscheidungen der Ausländerbehörden ab. Trotz unzähliger Schwierigkeiten, die wir täglich im Behördenhandeln der Thüringer Ausländerbehörden erfahren, beziehen wir uns hier auf eine spezifische Problematik. Mit diesem offenen Brief möchten wir Sie auf akute Probleme in der Vorgehensweise der Ausländerbehörde Erfurt hinweisen. Wir bitten Sie eindringlich, unseren Forderungen nachzukommen, um allen Bewohner*innen in Erfurt eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen.

Die Erfurter Ausländerbehörde Erfurt stellt Personen mit humanitärem Schutzstatus (Asyl/ GFK, subsidiärem Schutz oder Abschiebungsverbot nach § 60.5/7 AufenthG) oft keine elektronischen Aufenthaltstitel (eAT) aus bzw. verlangt diese zurück. Stattdessen wird bei Menschen, die einen Heimat- oder Reisepass besitzen, ein Etikett in den Pass geklebt. Bei Menschen, die keinen Pass vorweisen können, wird lediglich ein grünes Faltblatt mit dem Aufdruck „Ausweisersatz“ ausgestellt. Andere Personengruppen (Familiennachzug, familiärer Aufenthalt etc.) erhalten allerdings den eAT.

Diese Vorgehensweise führt zu vielfältigen Problemen und Diskriminierungen. Legen die Betroffenen bei Arbeitgeber*innen, Vermieter*innen, Bankinstituten oder Behörden lediglich ihren ausländischen Pass i.V.m. dem Faltblatt des Ausweisersatzes vor, wird dies häufig nicht als vollwertiger Aufenthaltstitel akzeptiert. Der Aufdruck „Ausweisersatz“ wird anders interpretiert als die Bezeichnung „Aufenthaltserlaubnis“ auf den eAT-Chipkarten. Außenstehende glauben, dass es sich um andere Papiere handele und dass diese einen geringeren Stellenwert als den eines eAT haben.

Die diskriminierenden Folgen betreffen alle Situationen, in denen es nötig ist, sich auszuweisen. Beispiele reichen von der Ablehnung der Eröffnung eines Bankkontos über das Nicht-Erhalten einer Wohnung bis hin zu Kündigungen der Arbeitgeber*innen.

Menschen, die als Aufenthaltstitel lediglich ein Klebeetikett in ihrem Pass erhalten, müssen diesen Pass ständig mit sich tragen, anstatt die handliche Chipkarte einstecken zu können. Verlieren sie diesen, dauert die Beantragung eines neuen Heimatpasses bei der zuständigen Botschaft mehrere Monate. Menschen aus Afghanistan warten nach Verlust oft bis zu acht Monate auf die Ausstellung eines neuen Passes.

Wir Migrant*innen und Geflüchtete sind Teil der Erfurter Gesellschaft. Wir kritisieren die Praxis der Erfurter Ausländerbehörde und fordern eine respektvolle und angemessene Behandlung, die eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht. Wir fordern die Ausstellung des elektronisches Aufenthaltstitels als Chipkarte für Personen mit humanitärem Schutzstatus (Asyl/ GFK, subsidiärem Schutz oder Abschiebeverbot nach § 60.5/7 AufenthG). Wir bitten Sie in Ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich dafür Sorge zu tragen, dass unseren Forderungen entsprochen wird. 

Mit freundlichen Grüßen

Amin Sarkhosh 

Migranten Omid Verein (MOVE e.V.)

 

Unterstützer*innen

Flüchtlingsrat Thüringen e.V.

Sprachcafé Erfurt

Refugee Law Clinic Jena e.V.

Büro für ausländische MitbürgerInnen

Institut für Berufsbildung und Sozialmanagement gemeinnützige GmbH

Caritasverband für das Bistum Erfurt e.V.

MigraNetz Thüringen

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